Arbeitsverhältnis zwischen deutschem Arbeitgeber und bulgarischem Arbeitnehmer

Von Ralitsa Mahony

Anwendbares Arbeits-, Sozialversicherungs- und Steuerrecht, Meldepflichten

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Heimarbeit und Telearbeit sind im IT-Bereich - aber nach der Covid-19-Pandemie auch in anderen Branchen - zwischenzeitlich weit verbreitet. Besonders innerhalb der EU kommt es immer häufiger zur Beschäftigung von Mitarbeitern aus einem Mitgliedstaat von einem Arbeitgeber, der in einem anderen Mitgliedsstaat ansässig ist. Nachfolgend werde ich die arbeits-, sozialversicherungs- und steuerrechtliche Behandlung eines Arbeitsverhältnisses mit einem bulgarischen Arbeitnehmer, der von seiner Wohnung in Bulgarien aus seine Dienste für einen deutschen Arbeitgeber verrichten soll.

Anwendbares Arbeitsrecht

Das bulgarische Arbeitsgesetzbuch sieht vor, dass es auf alle Arbeitsverhältnisse, nach welchen die Arbeitsleistung in Bulgarien erbracht wird, anwendbar ist, sofern internationale Abkommen nichts anderes regeln. Die Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I Verordnung) lässt grundsätzlich die freie Rechtswahl auf alle Schuldverhältnisse zu, enthält allerdings einige Einschränkungen für Arbeitsverhältnisse. Diese lauten, dass die Rechtswahl der Parteien nicht dazu führen darf, dass dem Arbeitnehmer der Schutz entzogen wird, der ihm durch Bestimmungen gewährt wird, von denen nach dem Recht, das ohne Rechtswahl anzuwenden wäre, nicht durch Vereinbarung abgewichen werden darf.

Da auch nach der Rom I Verordnung der Arbeitsvertrag - mangels Rechtswahl - dem Recht des Staates unterliegt, in dem der Arbeitnehmer in Erfüllung des Vertrags gewöhnlich seine Arbeit verrichtet, gilt, dass das bulgarische Recht unabhängig von einer Rechtswahl insbesondere hinsichtlich der wesentlichen Arbeitgeberpflichten zu beachten ist.

Dazu zählen die Pflichten des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer sozialrechtlich zu versichern; für den Arbeitsschutz zu sorgen; die gesetzlich vorgeschriebenen Unterlagen auszustellen, dem Arbeitnehmer auszuhändigen und eine Arbeitsakte zu führen; das Arbeitsverhältnis nach dem Arbeitsgesetzbuch geregelten Verfahren zu kündigen, sowie dem Arbeitnehmer in den gesetzlich geregelten Fällen bestimmte Entschädigungen zu zahlen.

Anwendbares Sozialversicherungsrecht

Wenn ein Arbeitsvertrag zwischen zwei in verschiedenen Mitgliedstaaten ansässigen Personen besteht, liegt ein internationales Element vor. In diesem Fall wird das anwendbare Sozialversicherungsrecht nach den Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit und deren Durchführungsverordnung (Verordnung (EG) Nr. 987/2009 zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit) bestimmt. Hauptziel beider Verordnungen ist, dass die in deren Anwendungsbereich fallende Personen in Fällen mit internationalem Bezug nur einer Rechtsordnung unterliegen, d.h. nur in einem Staat sozialversichert werden. Der Grundsatz der Verordnung 883/2004 lautet, dass Arbeitnehmer dem Sozialversicherungsrecht des Staates unterliegen, in welchem Sie ihre Beschäftigung ausüben.

D.h. im oben beschrieben Fall soll die Sozialversicherung des bulgarischen Arbeitnehmers nach bulgarischem Recht erfolgen.

Dies gilt sowohl im Hinblick auf Berechnung und Abführung der jeweiligen Beiträge, als auch hinsichtlich der einschlägigen Meldepflichten.

Durchführung der Sozialversicherung in Bulgarien

Für die Erfüllung der Sozialversicherungspflichten nach dem Arbeitsvertrag mit einem bulgarischen Arbeitnehmer sieht Art. 21 der Durchführungsverordnung zwei Alternativen vor:

  • Der deutsche Arbeitgeber hat den Pflichten nachzukommen, die die auf den bulgarischen Arbeitnehmer anzuwendenden Rechtsvorschriften vorsehen, und zwar der Pflicht zur Zahlung der nach diesen Rechtsvorschriften vorge­schriebenen Beiträge, als hätte er seinen eingetrage­nen Sitz oder seine Niederlassung in Bulgarien. Für diesen Zweck sollte sich der deutsche Arbeitgeber zunächst als Versicherer im sog. BULSTAT-Register eintragen lassen, oder

  • deutscher Arbeitgeber und bulgarischer Arbeitnehmer können aber auch eine Vereinbarung treffen, dass der Arbeitnehmer die Pflichten des Arbeitgebers zur Zahlung der Beiträge wahrnimmt, ohne dass die daneben fortbestehenden Pflichten des Arbeitgebers berührt würden. Der deutsche Arbeitgeber soll eine solche Vereinbarung dem zuständigen Sozialversicherungsträger - im Fall der Nationalen Agentur für Einnahmen in Bulgarien - übermitteln.

Unabhängig davon, wer die Pflicht zur Meldung und Abführung der Sozialversicherungsbeiträge in Bulgarien übernimmt, gelten folgende Grundsätze:

  1. Arbeitnehmer unterliegen der Pflichtversicherung für allgemeine Krankheit und Mutterschaft, Invalidität aufgrund allgemeiner Krankheit, Alter und Tod, Arbeitsunfall und Berufskrankheit sowie Arbeitslosigkeit. Die Versicherungsbeiträge werden auf das ausgezahlte bzw. angerechnete aber nicht ausgezahlte Bruttomonatsentgelt entrichtet, mindestens jedoch auf das gesetzlich bestimmte Versicherungseinkommen, welches für das Jahr 2024 BGN 3 750,00 beträgt;
  2. Personen, die nach dem 31. Dezember 1959 geboren sind, müssen zudem - mangels anderweitiger Wahl - für eine Zusatzrente in einer allgemeinen Rentenkasse versichert sein, wenn sie in der Rentenkasse der staatlichen Sozialversicherung versichert sind;
  3. Arbeitnehmer unterliegen zudem der obligatorischen Krankenversicherung, wobei die fälligen Krankenversicherungsbeiträge anhand des Einkommens ermittelt und abgeführt werden, worauf auch die Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten sind (vgl. Pkt. 1 oben);
  4. Sämtliche Versicherungsbeiträge werden bis zum 25. des auf den Monat der Arbeitsleistung folgenden Monats abgeführt; Innerhalb der gleichen Frist (bis zum 25. des Folgemonats) werden die Versicherungsbeiträge bei der Nationalen Agentur für Einnahmen gemeldet.

Anwendbares Steuerrecht

Angesichts des Umstandes, dass der Arbeitnehmer sowohl in Bulgarien wohnhaft, als auch in Bulgarien beschäftigt ist, bleibt er auch für Steuerzwecke in Bulgarien ansässig. Auch ist Bulgarien als Quellenstaat des Arbeitseinkommens anzusehen, unabhängig davon, dass das Arbeitsentgelt von einem deutschen Arbeitgeber gezahlt wird, weil nach dem bulgarischen Einkommenssteuergesetz die Einkünfte aus in Bulgarien verrichteten Diensten und Arbeit aus Bulgarien stammen.

Dies entspricht auch dem Grundsatz des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen Bulgarien und Deutschland, wonach Einkünfte aus Arbeitsvergütungen am Ort der Arbeitsverrichtung zu besteuern sind.

Ferner werden alle Rechtsverhältnisse im Zusammenhang mit der Beschäftigung einer Arbeitskraft durch eine ausländische Person, wenn die Arbeit in Bulgarien verrichtet wird, steuerrechtlich als Arbeitsverhältnisse behandelt.

Durchführung der Lohnbesteuerung

Nach dem bulgarischen Einkommensteuergesetz werden Einkünfte aus Arbeitsverhältnissen mit einer Lohnteuer von 10 Prozent auf die gesamte jährliche Steuerbemessungsgrundlage besteuert.

Vorsteuer auf Einkünfte aus Arbeitsverhältnissen soll grundsätzlich vom Arbeitgeber monatlich auf der Grundlage der monatlichen Steuerbemessungsgrundlage ermittelt werden. „Arbeitgeber“ in diesem Sinne ist insbesondere jede jede ausländische Person, die ihre Tätigkeit über eine Niederlassung oder eine Betriebsstätte in Bulgarien ausübt und die natürliche Personen im Arbeitsverhältnis beschäftigt.

Sofern der deutsche Arbeitgeber in Bulgarien weder über eine Betriebsstätte noch über eine Niederlassung verfügt, wird er nicht als Arbeitgeber im Sinne des Einkommensteuergesetzes angesehen und ist daher nicht verpflichtet, Vorauszahlungen zu ermitteln und Lohnsteuer einzubehalten. In diesen Fällen wird die Verantwortung für die Festsetzung und Zahlung der fälligen Steuer bei der Person liegen, die das entsprechende Einkommen erzielt hat.

Entsprechend wird die in Bulgarien ansässige natürliche Person, die Einkünfte aus Arbeitsverhältnissen erzielt hat, d.h. der bulgarische Arbeitnehmer, verpflichtet sein, eine jährliche Steuererklärung abzugeben. Die Steuererklärung wird im Zeitraum vom 10. Januar bis zum 30. April des Jahres abgegeben, das auf das Jahr des Einkommenserwerbs folgt, und innerhalb der gleichen Frist wird auch die auf die allgemeine jährliche Steuerbemessungsgrundlage fällige Lohnsteuer erhoben.

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