Wie in diesem den Kündigungsmöglichkeiten nach bulgarischem Arbeitsrecht gewidmeten Beitrag angekündigt werden nachfolgend die verschiedenen Arten von Entschädigungen, die sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer in bestimmten gesetzlich geregelten Fällen schulden können, erörtert. Gemeinsamkeit aller hier dargestellten Entschädigungsarten ist, dass sie nicht die Vermögenshaftung der Arbeitsvertragsparteien betreffen, die gesondert geregelt ist.
Entschädigung bei Nichtzulassung zur Arbeitsleistung
Sollte entweder nach Abschluss des Arbeitsvertrages oder während seiner Erfüllung ein Arbeitnehmer rechtswidrig nicht zur Arbeitsleistung zugelassen werden (z.B. weil sein Arbeitsplatz nicht entsprechend eingerichtet ist), so haften ihm gegenüber der Arbeitgeber und die verantwortlichen Personen (etwa diejenigen, die für die Vorbereitung des Arbeitsplatzes des Arbeitnehmers zuständig sind) gesamtschuldnerisch. Der Arbeitnehmer ist für die Dauer der Nichtzulassung zur Arbeitsleistung in Höhe des Bruttoentgeltes für die jeweilige Dienstposition zu entschädigen.
Entschädigung bei vorübergehender Arbeitsaussetzung
Sollte ein Arbeitnehmer rechtswidrig von dem Arbeitgeber oder einem unmittelbaren Vorgesetzten von der Arbeit entfernt werden, so ist er für die Dauer der Arbeitsaussetzung in Höhe seines Bruttoentgeltes zu entschädigen. Auch hier besteht gesamtschuldnerische Haftung des Arbeitgebers und der für die Arbeitsaussetzung verantwortlichen Personen.
Entschädigung bei Arbeitnehmerentsendung
Die Entschädigung während einer Arbeitnehmerentsendung bezieht sich auf die vom Arbeitgeber geschuldeten Reisespesen, wie Reisegeld sowie gegebenenfalls Tagesspesen und Übernachtungskosten. Die genaue Entschädigungsart und -höhe hängt davon ab, ob der Arbeitnehmer im Rahmen der Dienstleistungserbringung in einem anderen EU-Mitgliedstaat oder zur Erfüllung seiner Arbeitspflichten, insbesondere zur Teilnahme an Messen oder Ausstellungen, entsandt wurde.
Entschädigung bei Arbeitsortsverlegung
Grundsätzlich handelt es sich hier um eine freiwillige finanzielle Unterstützung durch den Arbeitgeber im Falle eines berufsbedingten Umzugs. Die Entschädigung wird in den meisten Fällen aufgrund einer entsprechenden Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer gewährt. Dazu gehören Reisekosten, Umzugskosten und das Arbeitsentgelt für die Tage der Reise sowie für zwei zusätzliche Tage. Darüber hinausgehend freiwillig vom Arbeitgeber gewährte Umzugskosten würden als zusätzliche Vergütung des Arbeitnehmers behandelt.
Sollte eine Arbeitsortsverlegung gesetzlich bedingt sein, so wird die oben genannte Entschädigung zwingend bezahlt. Darüber hinaus könnte je nach Entfernung des neuen Arbeitsortes und der Dauer der Verlegung eine zusätzliche Entschädigung in Höhe des monatlichen Arbeitsentgeltes am neuen Arbeitsort zzgl. 1/4 dieses Betrages für jedes vom Arbeitnehmer unterhaltene Familienmitglied fällig werden.
Entschädigung bei Umsetzung wegen geminderter Arbeitsfähigkeit
Sollte eine Umsetzung des Arbeitnehmers gesundheitlich bedingt sein und dies durch die zuständige Behörde festgestellt worden sein, schuldet der Arbeitgeber für die Dauer ab Anordnung der gesundheitsbedingten Umsetzung bis zu ihrer tatsächlichen Durchführung seine Bruttovergütung unabhängig von der Nichterbringung der Arbeitsleistung, es sei denn der Arbeitnehmer verweigert grundlos die Einnahme der neuen Arbeitsposition.
Entschädigung bei höherer Gewalt
Sollte der Arbeitnehmer wegen höherer Gewalt, z.B.einer Naturkatastrophe, an der Arbeitsleistung gehindert sein, wird ihm eine Entschädigung in Höhe von 50% seines Bruttogehaltes für die Dauer der Behinderung geschuldet, allerdings nicht weniger als 75% des gesetzlichen Mindestlohnes (derzeit in Bulgarien BGN 780,00 monatlich). Der Arbeitnehmer hat jedoch Anspruch auf sein volles Arbeitsentgelt, wenn er an Rettungsarbeiten teilgenommen hat. Die Gründe der Behinderung (dass diese durch höhere Gewalt bedingt war) sollen durch die zuständige Behörde - den Bürgermeister, den Gemeinderat oder durch ein staatliches Organ - bescheinigt werden.
Entschädigung bei rechtmäßiger Weigerung des Arbeitnehmers zur Arbeitsleistung
Falls der Arbeitnehmer aufgrund seriöser und unmittelbarer Gefahr für seine Gesundheit oder sein Leben rechtmäßig die Erfüllung seiner Arbeitspflichten verweigert hat, schuldet ihm der Arbeitgeber Entschädigung in Höhe seines Bruttogehaltes für die Zeit, in der der Arbeitnehmer nicht gearbeitet hat.
Dasselbe gilt, wenn der Arbeitnehmer daran gehindert ist, seiner Arbeit nachzugehen, und die Erfüllung einer anderen ihm zugewiesenen Arbeit verweigert, wenn die Zuweisung nicht mit den Regeln für einseitige Änderung der Art der Arbeit oder des Arbeitsortes durch den Arbeitgeber vereinbar ist. Solche zulässige Änderung stellt z.B. die Arbeitnehmerentsendung für die Dauer von bis zu 30 Tagen dar. Zudem ist der Arbeitgeber produktions- oder stillstandsbedingt berechtigt, dem Arbeitnehmer für die Dauer der jeweiligen betrieblichen Bedürfnisse (bei Produktionsnotwendigkeit höchstens für 45 Tage im Kalenderjahr) andere als im Arbeitsvertrag vorgesehene, jedoch seiner Qualifikation und seinem Gesundheitszustand entsprechende Arbeit aufzuerlegen.
Entschädigung für nicht eingehaltene Kündigungsfrist
Die zur ordentlichen Kündigung berechtigte Arbeitsvertragspartei ist berechtigt, den Arbeitsvertrag auch ohne Einhaltung der vereinbarten Kündigungsfrist (zwischen 30 Tagen und 3 Monaten) zu kündigen. In diesem Fall schuldet die kündigende Partei der anderen eine Entschädigung in Höhe des Bruttogehaltes des Arbeitnehmers für die Dauer der nicht eingehaltenen Kündigungsfrist. Dasselbe gilt, wenn einer der Parteien ein Kündigungsschreiben zur ordentlichen Kündigung zugestellt wird und sie die eingeräumte Kündigungsfrist nicht einhalten möchte, sondern bevorzugt, das Arbeitsverhältnis vor Ablauf der Kündigungsfrist zu beenden.
Entschädigung für fristlose Kündigung
Sollte der Arbeitnehmer wegen verzögerte Gehaltszahlung, bei einseitiger Änderung des Arbeitsortes oder der Arbeit durch den Arbeitgeber oder wenn sich die Arbeitsbedingungen beim neuen Arbeitgeber bei Änderung des Arbeitgebers ohne Beendigung des Arbeitsverhältnisses (z.B. bei Umwandlung oder Unternehmensveräußerung) wesentlich verschlechtern, fristlos kündigen, schuldet ihm der Arbeitgeber Entschädigung in Höhe seiner Bruttovergütung für die Dauer der vereinbarten Kündigungsfrist (bei unbefristeten Arbeitsverhältnissen) bzw. Ersatz der erlittenen Schäden (bei befristeten Arbeitsverträgen). Dieselben Entschädigungen schuldet der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber, falls letzterer den Arbeitnehmer fristlos aus Disziplinargründen oder wegen Verurteilung wegen einer Straftat, die gleichzeitig Verletzung von Arbeitspflichten darstellt, entlässt. Die tatsächlich erlittenen Schäden werden nach der Zeit, in welcher der Arbeitnehmer unbeschäftigt geblieben ist bzw. in welcher der Arbeitgeber ohne Arbeitnehmer für die jeweilige Position geblieben ist, ermittelt, jedoch bis auf die Bruttovergütung für die restliche Dauer des befristeten Arbeitsvertrages begrenzt.
Entschädigung in sonstigen Kündigungsfällen
Einer der praktisch wichtigsten Entschädigungsfälle ist in Art. 222 Abs. 1 des bulgarischen Arbeitsgesetzbuches geregelt. Dieser sieht vor, dass bei Kündigung wegen Schließung des Unternehmens oder eines Teils davon, bei Kürzung des Personalbestandes, bei Reduzierung des Arbeitsvolumens, bei Arbeitsunterbrechung für mehr als 15 Arbeitstage, bei Weigerung des Arbeitnehmers, dem Unternehmen zu folgen oder seiner Abteilung, in der er arbeitet, wenn es in eine andere Siedlung oder einen anderen Ort verlegt wird oder wenn die Position des Arbeitnehmers geräumt werden muss, um einen rechtswidrig entlassenen Arbeitnehmer wieder einzustellen, der zuvor dieselbe Position innehatte, der Arbeitnehmer Anspruch auf eine Entschädigung vom Arbeitgeber hat. Die Entschädigung beläuft sich auf die Bruttovergütung des Arbeitnehmers für die Dauer seiner Nichtbeschäftigung, allerdings höchstens auf eine Bruttomonatsvergütung.
Sollte der Arbeitnehmer zwar eine andere Beschäftigung aufgenommen haben, dabei allerdings niedriger vergütet werden, so ist die Entschädigung in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen beiden Vergütungen.
Die übrigen Absätze von Art. 222 des Arbeitsgesetzbuches regeln Entschädigungen bei Entlassung wegen Krankheit oder unabhängig von dem Kündigungsgrund, wenn der Arbeitnehmer Rentenalter erreicht hat.
Entschädigung für nicht beanspruchten Erholungsurlaub
Der zweitwichtigste und wohl am häufigsten vorkommende Entschädigungsfall betrifft den nicht beanspruchten Erholungsurlaub.
Die Entschädigung wird für den Urlaub, auf den bereits Anspruch erworben ist und der nicht verjährt ist, gezahlt und nach den Regeln der Berechnung der Arbeitsvergütung während der Nutzung des Erholungsurlaubs berechnet.
Entschädigung bei rechtswidriger Kündigung und bei Nichtzulassung des wiederangestellten Arbeitnehmers
Sollte nachträglich festgestellt werden, dass einem Arbeitnehmer rechtswidrig gekündigt wurde, schuldet ihm der Arbeitgeber Entschädigung in Höhe seiner Bruttovergütung für die Zeit, in der er unbeschäftigt geblieben ist, jedoch höchstens für 6 Monate. Im Falle einer rechtswidrigen Kündigung und der Aufnahme einer niedriger bezahlten Beschäftigung durch den Arbeitnehmer ist die Entschädigung in Höhe des Unterschieds zwischen beiden Vergütungen fällig. Diese Entschädigung wird auch für den Fall der rechtswidrigen Versetzung an eine niedriger entlohnte Arbeitsposition geschuldet.
Sollte ein rechtswidrig entlassener Arbeitnehmer (aufgrund einer gerichtlichen Anordnung) wiederangestellt werden, so haften der Arbeitgeber und die verantwortlichen Personen gesamtschuldnerisch gegenüber dem Arbeitnehmer in Höhe seines Bruttoarbeitsentgeltes für die Dauer ab Erscheinen des wiederangestellten Arbeitnehmers bis zu seiner tatsächlichen Zulassung zur Arbeitsverrichtung.
Arbeitgeberhaftung für sonstige dem Arbeitnehmer hinzugefügte Schäden
Da dem Arbeitgeber die gesetzliche Pflicht zur Ausstellung von Unterlagen, die Tatsachen im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis nachweisen, obliegt, haftet er (gesamtschuldnerisch mit den hierfür verantwortlichen Personen) gegenüber dem Arbeitnehmer für die Nicht- oder nicht rechtzeitige Ausstellung solcher Unterlagen oder für die Eingabe unzutreffender Daten in diesen Dokumenten. Die Entschädigung soll den tatsächlich erlittenen Schaden, einschließlich eines immateriellen Schadens, decken.
Gesamtschuldnerische Haftung trifft den Arbeitgeber und die verantwortlichen Personen auch im Fall rechtswidriger Zurückbehaltung des sog. Arbeitsbuches des Arbeitnehmers (wo Entstehen, Änderung und Beendigung des Arbeitsverhältnisses eingetragen werden), nachdem das Arbeitsverhältnis beendet wurde. Das Arbeitsbuch wird nur noch bis Mitte 2025 verwendet, danach wird es durch elektronische Aufzeichnungen betreffend die Arbeitsverhältnisse ersetzt. Die Haftung wird nach Wegfall der Arbeitsbücher nur für Nichtmeldung der Vertragesbeendigung bei dem Finanzamt in der hierfür vorgesehenen 7-tägen Frist greifen. Die Entschädigung ist in Höhe des Bruttogehaltes des Arbeitnehmers für die Dauer ab Beendigung des Arbeitsverhältnisses bis zur Übergabe des Arbeitsbuches bzw. bis zur Vornahme der notwendigen Meldung.
Regressrecht des Arbeitgebers
Schließlich ist anzumerken, dass in den gesetzlich bestimmten Fällen gesamtschuldnerischer Haftung des Arbeitgebers und der für die Entstehung des Entschädigungsanspruchs verantwortlichen Personen dem Arbeitgeber diesen gegenüber ein Regressrecht zusteht.
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