Im vorangehenden der Arbeitsvertragskündigung gewidmeten Artikel wurden die verschiedenen Kündigungsgründen und das Kündigungsverfahren nach bulgarischem Recht erörtert. Im Anschluss daran werden nachfolgend das Verfahren zur Verhängung von Disziplinarstrafen, einschließlich zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses wegen Verstoß gegen die Arbeitsdisziplin, sowie der Kündigungsschutz näher dargestellt.
Verfahren bei disziplinarischer Kündigung
An erster Stelle sollte klargestellt werden, was unter Arbeitsdisziplin verstanden wird und wann ein Verstoß dagegen vorliegt. Arbeitsdisziplin bedeutet die Erfüllung der Arbeitnehmerpflichten und der Regeln, die individualarbeitsvertraglich vereinbart, gesetzlich vorgeschrieben oder durch den Arbeitgeber in einer entsprechenden internen Ordnung oder in sonstiger Weise rechtmäßig festgesetzt sind. Entsprechend besteht der Verstoß gegen die Arbeitsdisziplin in der schuldhaften Nichterfüllung der so dem Arbeitnehmer übertragenen Verpflichtungen.
Die gesetzlich nicht abschließend geregelten Arten von Verstössen gegen die Arbeitsdisziplin sind:
- Verspätung, vorzeitiges Verlassen der Arbeit, Nichterscheinen zur Arbeit oder unvollständige Benutzung der Arbeitszeit;
- das Erscheinen des Arbeitnehmers am Arbeitsplatz in einem Zustand, der es ihm nicht erlaubt, die ihm übertragenen Aufgaben auszuführen;
- Nichterfüllung der übertragenen Arbeiten, Nichteinhaltung technischer und technologischer Regeln;
- Herstellung mangelhafter Produktion;
- Nichteinhaltung der Arbeitsschutzvorschriften;
- Nichterfüllung der gesetzlichen Anordnungen des Arbeitgebers;
- Vertrauensmissbrauch und Schädigung des guten Rufs des Unternehmens sowie Verbreitung vertraulicher Informationen;
- Beschädigung von Eigentum des Arbeitgebers und Verschwendung von Materialien, Rohstoffen, Energie und anderen Mitteln;
- Nichterfüllung anderer Arbeitspflichten, die in Gesetzen und anderen normativen Vorschriften, in den Regeln für die interne Arbeitsordnung, im Tarifvertrag vorgesehen oder bei der Entstehung des Arbeitsverhältnisses festgelegt sind.
Oben genannte oder ähnliche Verstösse gegen die Arbeitsdisziplin werden mit folgenden Disziplinarstrafen geahndet:
- Abmahnung;
- Kündigungsanmahnung;
- Disziplinarkündigung.
Beim Auswählen der geeigneten Disziplinarstrafe sollen bestimmte Kriterien berücksichtigt werden.
Unter Anwendung dieser Kriterien kann die Disziplinarkündigung in folgenden Fällen ausgesprochen werden:
- drei Verspätungen oder vorzeitige Verlassen der Arbeit in einem Kalendermonat, die jeweils mindestens eine Stunde betragen;
- Nichterscheinen zur Arbeit an zwei aufeinanderfolgenden Werktagen;
- systematische Verstöße gegen die Arbeitsdisziplin;
- Missbrauch des Vertrauens des Arbeitgebers oder Verbreitung vertraulicher Informationen;
- Schädigung Dritter durch Arbeitnehmer im Handel und im Dienstleistungssektor durch Betrug bezüglich Preis, Gewicht, Qualität der Waren oder Dienstleistungen;
- Teilnahme an Glücksspielen über die Telekommunikationsmittel des Unternehmens wird vollständig erstattet, wobei die entstandenen Kosten vollständig erstattet werden sollen;
- sonstige schwerwiegende Verstöße gegen die Arbeitsdisziplin.
Die Disziplinarstrafen werden vom Arbeitgeber oder von einer von diesem bestimmten Person mit leitenden Funktionen bzw. vom Vorgesetzten verhängt. Verfahrensmäßig bedarf die Verhängung einer Disziplinarstrafe für ihre Rechtmäßigkeit der vorherigen Anhörung des Arbeitnehmers sowie der Sammlung der von diesem genannten Beweismittel. Die Disziplinarstrafe soll innerhalb von 2 Monaten ab Entdecken des Verstosses und spätestens innerhalb von 1 Jahr ab seiner Begehung verhängt werden, wobei diese Fristen während eines rechtmäßigen Urlaubs oder Streiks des Arbeitnehmers gehemmt werden.
Die Verhängung der Disziplinarstrafe erfolgt durch einen schriftlichen Beschluss des Arbeitgebers, der den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestinhalt haben und begründet werden soll. Der Beschluss sollte möglichst persönlich dem Arbeitnehmer gegen Unterschrift zugestellt werden.
Kündigungsschutz
In manchen Fällen genießen Arbeitnehmer bestimmter Kategorien einen Kündigungsschutz. Dieser besteht in Bulgarien darin, dass die Kündigung nur nach im Voraus erteilter Erlaubnis der für die Kontrolle der Einhaltung der Arbeitsgesetzgebung zuständigen Arbeitsinspektion zulässig ist, wobei der Zeitpunkt der Zustellung des Kündigungsbeschlusses für die Anwendung des Kündigungsschutzes maßgeblich ist. In manchen Fällen ist zusätzlich die Stellungnahme einer Ärztekommission bzw. die Erlaubnis der Berufsgenossenschaft oder des Betriebsrates einzuholen.
Die Erlaubnis der Arbeitsinspektion ist immer bei Kündigung aus folgenden Gründen einzuholen:
- bei ordentlicher Kündigung wegen Schließung eines Unternehmensteils oder Personalabbau, wegen Minderung des Arbeitsumfanges, wegen Mangel der für die ordnungsgemäße Ausführung der Arbeit erforderlichen Eigenschaften des Arbeitnehmers oder bei Änderung der Anforderungen an die Ausübung der Dienststelle, wenn der Arbeitnehmer diese nicht erfüllt;
- bei (außerordentlicher) Disziplinarkündigung.
Nicht alle Arbeitnehmer sind vom Kündigungsschutz betroffen. Die in dessen Anwendungsbereich fallenden Arbeitnehmerkategorien sind wie folgt:
- Arbeitnehmerin, die Mutter eines bis zu 3-jährigen Kindes ist;
- ein Arbeitnehmer mit - entsprechend festgestellter - geminderter Arbeitsfähigkeit;
- ein Arbeitnehmer, der von einer der gesetzlich aufgelisteten Krankheiten leidet;
- Arbeitnehmer der sich im gesetzesmäßigen (im vom Arbeitgeber erlaubten oder von einem medizinischen Organ angeordneten) Urlaub befindet;
- Arbeitnehmer, der Mitglied von einer Berufsgenossenschaft, Arbeitnehmervertretung, eines Verhandlungsorgans o.ä. ist.
Für werdende und junge Eltern gilt ein besonderer Kündigungsschutz:
- eine schwangere Arbeitnehmerin kann ordentlich nur wegen Unternehmensschließung, bei Weigerung zur Arbeitsortswechslung beim Unternehmensumzug, wegen Notwendigkeit zur Räumung einer Arbeitsstelle zur Wiedereinstellung eines rechtswidrig entlassenen Arbeitnehmers oder bei objektiver Unmöglichkeit zur Erfüllung des Arbeitsvertrages gekündigt werden;
- eine schwangere Arbeitnehmerin kann außerordentlich nur wegen Inhaftierung für die Vollstreckung eines Strafurteils oder disziplinarisch gekündigt werden; die Disziplinarkündigung bedarf in diesem Fall für ihre Rechtmäßigkeit der vorherigen Zustimmung der Arbeitsinspektion;
- während des ersten Jahres des Elternurlaubs ist eine Arbeitnehmerkündigung nur bei Unternehmensschließung möglich.
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