Wie auch das gesamte Arbeitsrecht in Bulgarien, ist die Regelung der Arbeitszeit im Vergleich zu Deutschland wesentlich strenger. Sie mangelt an Flexibilität und von ihr kann individualvertraglich kaum abgewichen werden.
Nachfolgend werden die Grundlagen der bulgarischen Arbeitszeitregelungen erörtert. Wenn Sie Näheres erfahren möchten,
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Arbeitszeitdauer
Die übliche Arbeitszeitdauer beträgt, wie in Deutschland, 8 Stunden täglich. Der erste Unterschied ergibt sich bereits bei dem Vergleich der Dauer der Werkwoche - während in Deutschland auch der Samstag zu den Werktagen zählt, ist in Bulgarien die 5-tägige Werkwoche als Grundsatz festgelegt. Demnach beträgt die werktägliche Wochendauer normalerweise 40 Stunden.
Das bulgarische Arbeitsgesetzbuch sieht dennoch einige Möglichkeiten zur - vorübergehenden - Änderung der normalen Arbeitszeit. Der Arbeitgeber kann aus betrieblichen Gründen die Arbeitszeit an manchen Tagen einseitig (durch schriftlichen Beschluss) verlängern. Dafür muss die Arbeitszeit an anderen Tagen entsprechend verkürzt werden. Die Verlängerung ist, genau wie in Deutschland, bis zu insgesamt 10 Stunden täglich zulässig. Allerdings kann auch in diesem Fall die Werkwoche 48 Stunden nicht überschreiten, d.h. nicht alle Werktage einer Woche können mit verlängerter Arbeitszeit sein. Weitere Grenze der Arbeitszeitverlängerung ist die gesamte zulässige Zahl von Arbeitstagen, an welchen diese erfolgen kann - bis zu 60 Tagen jährlich und an nicht mehr als 20 Tagen nacheinander. Schließlich muss entsprechende Arbeitszeitverkürzung innerhalb von 4 Monaten gewährt werden.
Arbeitgeber und Arbeitnehmer können eine sog. unvollständige Arbeitszeit vereinbaren. Der Arbeitgeber kann aus betrieblichen Gründen, wenn z.B. die Aufträge saisonbedingt vermindert sind, solche Arbeitszeitregelung einführen.
Das bulgarische Arbeitszeitgesetz kennt auch die verkürzte Arbeitszeit. Diese wird zwingend für manche Arbeitnehmergruppen - abhängig von dem Alter der Arbeitnehmer (für Minderjährige) oder von der Schwere der Arbeit und den Gefahren, mit welchen diese verbunden ist - festgelegt.
Weitere Besonderheit im Vergleich zum deutschen Arbeitszeitgesetz stellt die sog. nicht normierte Arbeitszeit dar. Bei dieser Arbeitszeitregelung, die vor allem für Führungskräfte geeignet ist, ist der Arbeitnehmer verpflichtet, auch nach Ende der normalen Arbeitszeit seinen Arbeitsplatz nicht zu verlassen, wenn dies zur Fertigstellung seiner Aufgaben erforderlich ist. Dafür steht dem Arbeitnehmer eine zusätzliche 15-minutige Pause nach Ende der normalen Arbeitszeit zu. In dieser Weise an Werktagen geleistete Überstunden werden nicht zusätzlich vergütet, sondern mit 5 Tagen zusätzliche Erholungsurlaub abgegolten.
Nachtarbeit
Bereits bei Vergleich der Begriffe der Nachtarbeit im deutschen Arbeitszeitgesetz und im bulgarischen Arbeitsgesetzbuch stellt man Unterschiede fest. In Bulgarien ist die Nachtzeit um eine Stunde länger, von 22:00 bis 06:00 Uhr. Der Unterschied wird wiederum dadurch überwunden, dass als Nachtschicht erst die Arbeitsschicht gilt, in welche mindestens 3 Stunden Nachtarbeit fallen.
Die Nachtarbeit ist für manche Arbeitnehmergruppen unzulässig - z.B. für Minderjährige, für werdende Mütter und für Mütter von Kinder bis zu deren 6. Lebensjahr. Ferner kann sie erst nach besonderer ärztlicher Untersuchung aufgenommen werden.
Schließlich ist die Dauer der normalen Arbeitszeit unter den Bedingungen der Nachtarbeit auf 7 Stunden täglich bzw. 35 Stunden wöchentlich vermindert.
Daneben steht ihnen für jede in der Nachtzeit geleistete Arbeitsstunden ein Zuschlag von mindestens 0,25 BGN/Std. (ca. 0,13 Euro/Std.) zu.
Schichtarbeit und Arbeitszeitberechnung
Die Schichtarbeit wird in Betrieben bei ununterbrochenem Produktionsprozess eingeführt. Für die Berechnung der Schichtdauer gelten grundsätzlich dieselben Regelungen, wie bei der normalen Arbeitszeitberechnung. Allerdings können aufgrund ihrer Ordnung manche Arbeitsschichten auch an Wochenenden fallen. Dies ist zulässig, sofern die übrigen vorgeschriebenen Arbeitszeitgrenzen - maximale Schichtdauer, Pausen, Ruhezeiten etc. - eingehalten werden.
Die Schichten können auch so ausgestaltet werden, dass ihre Dauer die normale Arbeitszeitdauer von 8 Stunden überschreitet. Die Ausdehnung der Schichtdauer ist bis zu 12 Stunden zulässig. Dies allerdings unter der Bedingung, dass die wöchentliche Arbeitszeit insgesamt maximal 56 beträgt.
Wenn es aufgrund verlängerter Arbeitsschichten zur Überschreitung des 8-stündigen Arbeitstages kommt, schreibt das bulgarische Arbeitsgesetzbuch ähnlich dem deutschen Arbeitszeitgesetz vor, dass innerhalb eines Zeitraumes, der nicht länger als 6 Monate sein kann, ein Ausgleich vorzunehmen ist, sodass sich im Durchschnitt eine Arbeitszeit von 8 Stunden täglich ergibt.
Überstunden
Die Leistung von Überstunden außer in den oben geregelten Fällen ist gesetzlich verboten in Bulgarien. Ausnahmen sind für die Abwehr, die öffentliche Sicherheit, bei Naturkatastrophen zulässig. Im Übrigen können Überstunden nur geleistet werden, wenn dies für die Fertigstellung bereits aufgenommener Arbeiten, die nicht während der ordentlichen Arbeitszeit fertiggestellt werden können, notwendig ist, sowie für verstärkte Saisonarbeiten. Die Ausnahmen gelten nicht für bestimmte Arbeitnehmergruppen, wie Minderjährige, werdende Mütter, Mütter von kleinen Kindern und Behinderten.
Wenn Überstunden zulässigerweise geleistet werden, werden diese zusätzlich vergütet. Der Zuschlag wird wie folgt errechnet:
- 50% für Überstunden an Werktagen;
- 75% für Arbeit an Wochenenden;
- 100% für Arbeit an Feiertagen;
- 50% falls sich bei der summarischen Arbeitszeitberechnung nach dem Ausgleich Überstunden ergeben.
Zu beachten ist, dass das bulgarische Arbeitsgesetzbuch eine maximale Überstundenzahl vorsieht, die keinesfalls überschritten werden darf. Die Grenze steht bei:
- 30 Überstunden Tagesarbeit in einem Kalendermonat;
- 6 Überstunden Tagesarbeit innerhalb einer Kalenderwoche;
- 3 Überstunden Tagesarbeit an zwei aufeinander folgenden Werktagen.
Die Einhaltung der Überstundenregelungen wird durch die Aufsichtsbehörde Arbeitsinspektion kontrolliert. Zu diesem Zweck werden entsprechende Überstundennachweise geführt und die in einem Kalenderjahr geleisteten Überstunden werden der Aufsichtsbehörde bis zum 31. Januar des Folgejahres mitgeteilt.
Pausen und Ruhezeiten
Grundsätzlich zählen, ebenso wie in Deutschland, die Pausen (Mindestdauer 30 Minuten) nicht zur Arbeitszeit. Aus arbeitsmedizinischen Gründen können allerdings im Betrieb sog. physiologische Pausen vorgesehen werden, welche in der Arbeitszeit eingeschlossen und entsprechend vergütet werden.
Das Arbeitsgesetzbuch schreibt eine zwischentägliche Ruhezeit von 12 Stunden vor - diese ist um eine Stunde länger, als diese nach dem Arbeitszeitgesetz. Auch sind in Bulgarien ferner die sog. zwischenwöchentlichen Pausen gesetzlich geregelt. Diese Pausen betragen im Regelfall 48 Stunden und werden auf 36 verkürzt, wenn die summarische Arbeitszeitberechnung eingeführt wird. Die zwischenwöchentliche Ruhezeit beträgt wenigstens 24 Stunden, wenn eine längere Ruhezeit wegen Schichtverschiebungen nicht gewährt werden kann.
Eine Novellierung in Richtung Vertragsfreiheit und flexiblere Arbeitszeitregelungen ist nicht zu erwarten, besonders vor dem Hintergrund, dass die Genossenschaften in letzter Zeit sogar eine Einschränkung des Anwendungsbereichs der summarischen Arbeitszeitberechnung anstreben.