Personaldienstleistungen in Bulgarien (Teil I: Arbeitnehmerüberlassung)

Von Ralitsa Mahony

Rechtlicher Rahmen der Überlassung bulgarischer Arbeitnehmer

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Unabhängig davon, in welchem Bereich ein Personaldienstleister tätig ist, sollte er bestimmte gesetzliche Anforderungen beachten, wenn er für bulgarische Staatsangehörige vermittelnd tätig werden möchte oder in Bulgarien Arbeitnehmerüberlassung zu betreiben beabsichtigt. Diese Publikation wird in zwei aufeinanderfolgenden Teilen die Hauptvoraussetzungen für die Erbringung von Personaldienstleistungen im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung und Personalvermittlung nach bulgarischem Recht zusammenfassen:

Arbeitnehmerüberlassung in Bulgarien

Die bulgarische Gesetzgebung findet nicht in allen Fällen der Überlassung bulgarischer Arbeitnehmer Anwendung. Vielmehr ist sie durch ausländische Personaldienstleister grundsätzlich nur dann zu beachten, wenn sie in Bulgarien im Personalbereich geschäftlich tätig werden. Umgekehrt heißt das aber, dass ein bulgarisches Unternehmen unabhängig von seinem ggf. ausländischen Besitz immer das bulgarische Recht im Hinblick auf von ihm betriebene Arbeitnehmerüberlassung - auch an ausländische Entleiher - zu beachten hat. Aber was genau schreibt das bulgarische Recht für die Arbeitnehmerüberlassung vor?

I. Anmeldepflicht

Vor der Aufnahme der Arbeitnehmerüberlassung muss sich der Personalverleiher für diesen Zweck bei der bulgarischen Beschäftigungsagentur anmelden lassen. Für die Anmeldung muss der Personalverleiher folgende Voraussetzungen erfüllen:

  • er soll keine offenen Verbindlichkeiten gegenüber staatlichen oder gemeindlichen Behörden haben;
  • er soll nicht für insolvent erklärt worden sein oder sich in einem über ihn eröffneten Insolvenzverfahren befinden;
  • er soll sich nicht in einem Liquidations- oder ähnlichem Verfahren befinden;
  • seine gesetzlichen Vertreter sollen nicht vorverurteilt sein;
  • eine vorige Anmeldung als Personalverleiher oder Personalvermittler soll innerhalb der letzten 3 Jahre nicht wegen Verstoß gegen gesetzliche Anforderungen an der rechtmäßigen Ausübung dieser Tätigkeiten beendet worden sein;
  • ihm dürfen innerhalb der letzten drei Jahre keine Verwaltungsstrafen nach dem bulgarischen Gesetz zur Förderung der Beschäftigung verhängt worden sein;
  • er soll eine Haftpflichtversicherung abschließen oder ihm soll eine Bankbürgschaft gestellt werden, welche Forderungen von Leiharbeitnehmern für einen Gesamtbetrag von BGN 200.000,00 (umgerechnet ca. EUR 100.000,00) absichert;
  • er soll über eine interne Ordnung/ Richtlinie, welche die Ausübung der Arbeitnehmerüberlassung regelt und welcher Muster der Arbeitsverträge mit den Leiharbeitnehmern sowie der Arbeitnehmerüberlassungsverträge mit den Entleihern beigefügt sind, verfügen.

Die Erfüllung der oben aufgelisteten Voraussetzungen wird durch Vorlage entsprechender Unterlagen, welche dem Anmeldeantrag beizufügen sind, nachgewiesen. Der Antrag wird grundsätzlich innerhalb von 14 Tagen bearbeitet. Falls aus dem Antrag bzw. den ihm beigefügten Unterlagen die Erfüllung der Anmeldevoraussetzungen nicht hervorgeht, wird der Antragsteller aufgefordert, innerhalb von 30 Tagen die festgestellten Unvollständigkeiten oder Fehler zu beseitigen. Wenn der Antrag den gesetzlichen Anforderungen genügt, wird der Personaldienstleister als Personalverleiher angemeldet und ihm wird eine Bescheinigung für die erfolgte Anmeldung für eine Dauer von 5 Jahren ausgestellt. Während der Anmeldedauer hat der Personalverleiher jährlich die Erfüllung der Anmeldevoraussetzungen nachzuweisen, sonst kann er vorzeitig als solchen abgemeldet werden.

Mit der Anmeldung wird der Personalverleiher berechtigt, Arbeitnehmerüberlassung in Bulgarien zu betreiben. Sollen aber im Rahmen dieser Tätigkeit Arbeitnehmer einem außerhalb Bulgarien ansässigen Betrieb überlassen werden, so sind zusätzlich die Voraussetzungen für einer rechtmäßige Arbeitnehmerüberlassung des Ansässigkeitsstaates des Entleihers zu erfüllen. Dies kann insbesondere die Beantragung einer entsprechenden Erlaubnis, Lizenz oder Anmeldung im anderen Staat erforderlich machen.

Die Anmeldung als Personalverleiher in Bulgarien ist gebührenpflichtig.

II. Verhältnisse bei Arbeitnehmerüberlassung

Das bulgarische Arbeitsrecht regelt gesondert die Arbeitsverhältnisse zwischen Leiharbeitnehmern und Personalverleihern. Es stellt auch gewisse inhaltliche Anforderungen an den Vertragsverhältnissen zwischen Verleihern und Entleihern und erlegt Leiharbeitnehmern und Entleihern bestimmte Pflichten im Hinblick auf die Verrichtung der Arbeit, für welche die Überlassung erfolgt, auf.

  1. Arbeitsverhältnisse mit den Leiharbeitnehmern

    Bulgarisches Arbeitsrecht ist grundsätzlich dann auf ein Leiharbeitsverhältnis anwendbar, wenn entweder der Arbeitsort in Bulgarien belegen ist oder wenn der Arbeitgeber in Bulgarien ansässig ist (auch wenn sich der Arbeitsort außerhalb Bulgarien befindet). Sollte hingegen das Arbeitsverhältnis ein sonstiges internationales Element aufweisen, dann unterliegt es der freien Rechtswahl. In allen Fällen ist aber das Arbeitsrecht des Staates, in welchem die Arbeit verrichtet wird, zu beachten, sofern es für den Arbeitnehmer günstigere Regelungen enthält.

    Die Leiharbeitsverhältnisse nach bulgarischem Recht sind immer befristet. Sie werden entweder projekt-/auftragsabhängig bis zum Erreichen eines konkreten Arbeitsergebnisses (Erfüllung eines Auftrages, Fertigstellung eines Werkes etc.) oder für die Ablösung eines anderen Arbeitnehmers abgeschlossen.

    Der Arbeitsvertrag mit einem Leiharbeitnehmer darf keine Bestimmungen enthalten, die die feste Beschäftigung des Leiharbeitnehmers im Entleiherbetrieb verbietet oder in sonstiger Weise behindert. Auch darf weder im Arbeitsvertrag noch in einer sonstigen Vereinbarung in Verbindung damit vorgesehen werden, dass der Leiharbeitnehmer dem Personaldienstleister eine Vergütung oder sonstige Zahlung wegen des Abschlusses eines Arbeitsvertrages mit dem Entleiher schuldet.

    Hingegen ist die Vereinbarung einer Zahlung (Provisionsvergütung oder ähnliche) vom Entleiher an Verleiher für die Vermittlung eines Arbeitsvertrages mit dem Leiharbeitnehmer gesetzlich nicht verboten.

    Der Leiharbeitnehmer darf nicht einem Betrieb verliehen werden, der unmittelbar durch einen Arbeitskampf betroffen ist. Ferner ist der Leiharbeitnehmer berechtigt, die Arbeit für einen Entleiher zu verweigern, die seiner Berufsqualifikation oder seinem Gesundheitszustand nicht entspricht oder in einem anderen Wohnort verrichtet werden soll. Wenn der Arbeitnehmer von diesem Recht Gebrauch macht, gilt das Leiharbeitsverhältnis als nicht entstanden.

    Die Arbeitnehmerüberlassung selbst erfolgt durch einen schriftlichen Akt des Verleihers und zwar nach Unterzeichnung des Leiharbeitsvertrages und seiner Anmeldung beim zuständigen Finanzamt. Im Überlassungsakt werden, sofern nicht im Arbeitsvertrag selbst enthalten,:

    • das Datum, an welchem der Arbeitnehmer beim Entleiher erscheinen soll;
    • die Anschrift des Entleihers;
    • der Arbeitsort, die Arbeitsstätte;
    • die Dienstposition und die Beschreibung der Tätigkeit beim Entleiher;
    • die Art der anfänglichen Schulung vor Aufnahme der Arbeit beim Entleiher

    aufgeführt. Der Überlassungsakt soll spätestens einen Tag vor der Aufnahme der Arbeit im Entleiherbetrieb dem Arbeitnehmer ausgehändigt werden.

    Die Überlassung endet grundsätzlich mit Ablauf der Frist, für welche sie vereinbart wurde. Eine vorzeitige Beendigung der Erfüllung der Arbeitspflichten gegenüber dem Entleiher ist bei Beendigung der Anmeldung des Personalverleihers als solchen oder bei vorzeitiger Beendigung des Leiharbeitsvertrages möglich.

  2. Vertragsverhältnisse zwischen Verleihern und Entleihern

    Bei der Regelung der Verhältnisse zwischen Personalverleiher und Entleiher ist zunächst zu beachten, dass die Zahl der einem Unternehmen überlassenen Arbeitnehmer 30% der bei ihm insgesamt beschäftigten Arbeitnehmer nicht übersteigen darf. Ferner ist ein Entleiher, der eine Massenkündigung vorgenommen hat, nicht berechtigt, Arbeitnehmer vor Ablauf von 6 Monaten ab dieser zu entleihen.

    Die Vertragsverhältnisse zwischen Verleiher und Entleiher sind schriftlich festzuhalten. Ein Arbeitnehmerüberlassungsvertrag nach bulgarischem Recht soll insbesondere Regelungen hinsichtlich folgender Fragen enthalten:

    • Einzelheiten zu den überlassenen Arbeitnehmern (ihre Namen sind spätestens einen Werktag vor der Überlassung dem Entleiher mitzuteilen), ihren Dienstpositionen, zu verrichtenden Arbeiten;
    • Überlassungsdauer;
    • Arbeitnehmerpflichten gegenüber dem Entleiher und gegenüber dem Verleiher;
    • Verfahren zur Urlaubsgewährung;
    • Art und Weise der Zeitabrechnung;
    • Verfahren zur Auskunftserteilung hinsichtlich der einschlägigen Arbeitsvergütungen;
    • Haftungsfragen, insbesondere gesamtschuldnerische Haftung des Entleiher und des Verleihers für die Erfüllung der aus der Arbeitnehmerüberlassung resultierenden Pflichten gegenüber den Leiharbeitnehmern.

    Darüber hinaus sollte im Arbeitnehmerüberlassungsvertrag eine Abgrenzung der Pflichten des Verleihers und des Entleihers gegenüber den Leiharbeitnehmern vorgenommen werden. So obliegen dem Personalverleiher gegenüber den Leiharbeitnehmern auch während der Überlassung die Hauptpflichten eines Arbeitgebers, insbesondere die Auszahlung der vereinbarten Arbeitsentlohnung, die Erstellung von Lohnabrechnungen und sonstigen Arbeitsunterlagen, die Sozial- und Krankenversicherung des Leiharbeitnehmers. Hingegen ist der Verleiher gegenüber den Leiharbeitnehmern für die Erfüllung derjenigen Pflichten, die in Verbindung mit der Arbeitsleistung selbst stehen, verantwortlich. Er hat insbesondere die Arbeitsstätte des Leiharbeitnehmers zu bestimmen, ihm eine Dienstbeschreibung auszuhändigen, den Leiharbeitnehmer über die Risiken am Arbeitsort und die Arbeitsschutzregelungen zu unterrichten, die Arbeitszeit abzurechnen, Arbeitszeugnisse hinsichtlich der konkret verrichteten Arbeit zu erstellen, sowie für die Leiharbeitnehmer eine Unfallversicherung abzuschließen.

    Bei vielen Personalfragen haben sich Personalverleiher und Entleiher während der Überlassungsdauer einander mitzuwirken:

    • hinsichtlich der Gewährung des Arbeitsschutzes;
    • bei Entsendung (auf Geschäftsreise oder zur Arbeitsleistung an einem anderen Arbeitsort) des Leiharbeitnehmers durch den Entleiher hat er dies dem Personalverleiher mindestens 5 Werktage im Voraus mitzuteilen;
    • bei Verstoß gegen die Arbeitsdisziplin hat der Entleiher den Verleiher darüber zu informieren, sodass letzterer ggf. Disziplinarstrafen (Abmahnung, Kündigungsanmahnung, Disziplinarkündigung) verhängt.

    Oben aufgelistete und alle sonstigen Fragen in Verbindung mit der faktischen Durchführung der Arbeitnehmerüberlassung und hinsichtlich der Rechtsfolgen in diversen Fällen sollten einen Platz in dem Arbeitnehmerüberlassungsvertrag nach bulgarischem finden.

  3. Verhältnis zwischen Leiharbeitnehmer und Entleiher

    Zwischen dem Leiharbeitnehmer und dem Entleiher entsteht zwar kein vertragliches Verhältnis, ihre Beziehung ist allerdings von gewissen Grundsätzen geprägt:

    • Gleichbehandlungsgrundsatz: dieser besagt, dass die wesentlichen Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen der Leiharbeitnehmer während der Überlassungsdauer mindestens denjenigen entsprechen sollen, die für sie gelten würden, wenn sie vom Entleiher unmittelbar für den gleichen Arbeitsplatz eingestellt worden wären;
    • Zugangsrecht: Das bedeutet, dass der Entleiher die Leiharbeitnehmer über die in seinem Unternehmen offenen Stellen unterrichten soll, damit sie die gleichen Chancen auf einen unbefristeten Arbeitsplatz haben wie die übrigen Arbeitnehmer dieses Unternehmens. Den Leiharbeitnehmern soll ferner möglichst Zugang zu passenden Schulungen/ Ausbildungen zwecks Karrierenentwicklung und Berufsmobilität verschaffen werden.

    Naturgemäß hat der Leiharbeitnehmer alle Pflichten aus dem Leiharbeitsvertrag, die nicht unmittelbar mit der Verrichtung der Arbeit verbunden sind, gegenüber dem Verleiher zu erfüllen und gegenüber dem Entleiher - diejenigen, welche unmittelbar mit der Arbeitsleistung verbunden sind.

In der Fortsetzung dieser Publikation werden die Bedingungen für eine Personalvermittlung von bulgarischen Arbeitnehmern erörtert.

Mahony’s Law Studio kann Sie gerne zum Thema Erbringung von Personaldienstleistungen in Bulgarien individuell beraten.