Falls Sie eine (Ferien-)Wohnung oder eine andere Immobilie in Bulgarien zu kaufen beabsichtigen, werden Sie vom Verkäufer sicherlich zum Abschluss eines Vorvertrages aufgefordert. Warum sich dieses Vorgehen in der Praxis durchgesetzt hat und welche Bedeutung und Wirkung der Vorvertrag über Immobilienkauf nach bulgarischem Recht hat, wird im Folgenden erläutert.
Warum ein Vorvertrag?
Die praktische Bedeutung des Vorvertrages ist in Bulgarien besonders bei Immobilienkauf sehr groß. Grund ist, einerseits, dass diese Vertragsart gesetzlich ausdrücklich geregelt ist und daher zur klaren Bestimmung der Verhältnisse der Parteien geeignet ist. Andererseits wird ein Großteil der Immobiliengeschäfte in Bulgarien über Bankkredite abgewickelt, was nicht nur längere Zeit bis zur eigentlichen Eigentumsübertragung beansprucht, weswegen sich die Parteien das Festhalten an den Kaufabsichten sichern wollen, sondern auch haben die Banken den Vorvertrag zum Erfordernis für die Beantragung und die Genehmigung einer Kreditgewährung gemacht.
Schließlich dient der Vorvertrag gerade dazu, dem Verkäufer und dem Käufer ausreichend Zeit für die Beschaffung der für den eigentlichen Immobilienkauf notwendigen Geldmittel und Unterlagen zu gewähren und dabei die Sicherheit zu behalten, dass die bereits ausgehandelten Vertragsbedingungen unverändert bleiben.
Was genau regelt der Vorvertrag über Immobilienkauf?
Mit dem Vorvertrag verpflichten sich die Parteien, einen Hauptvertrag abzuschließen. Konkret beim Immobilienkauf verpflichtet sich der Verkäufer, dem Käufer das Eigentum an einer Immobilie zu übertragen und der Käufer - die Immobilie gegen Zahlung eines Kaufpreises zu erwerben. Entsprechend soll der Vorvertrag möglichst abschließend regeln, unter welchen Bedingungen der Verkauf erfolgen wird:
- die Immobilie soll ausführlich und genau beschrieben werden;
- der Verkaufspreis und die Zahlungsweise sind im Vorvertrag aufzunehmen;
- es ist eine Frist für den Abschluss des Hauptvertrages vorzusehen.
Im Vorvertrag werden zudem viele Nebenabsprachen getroffen, z.B.:
- wer die Kosten der Eigentumsübertragung, d.h. Notargebühren, Gebühren für Eintragung der Eigentumspübertragung im Grundbuch, die fällige Kommunalsteuer, trägt;
- wann der Besitz übertragen wird und in welchem Zustand sich die Immobilie zu diesem Zeitpunkt befinden soll;
- wie die bis zum Zeitpunkt der Eigentumsübertragung angefallenen Betriebskosten zu teilen sind.
Worauf beim Abschluss eines Vorvertrages zu achten ist
Neben der möglichst abschließenden und unmissverständlichen Regelung der Hauptpflichten - welcher Gegenstand unter welchen Bedingungen verkauft und übertragen wird - gibt es beim Abschluss eines Vorvertrages über Immobilienkauf besondere Fragen, die ebenfalls unbedingt durch den Vorvertrag zu regeln sind.
- Pflichten des Verkäufers
- Anzahlung
- Notartermin
Damit der Verkäufer seine Pflicht aus dem Vorvertrag zum Abschluss des Hauptvertrages, mit welchem das Eigentum übertragen wird, erfüllen kann, muss er naturgemäß z.Z. des Verkaufs/ der Eigentumsübertragung (alleiniger) Eigentümer der betreffenden Immobilie sein. D.h. als Hauptpflicht des Verkäufers ist vorzusehen, dass er spätestens bei Abschluss des Hauptvertrages Eigentümer der Immobilie ist.
Mangels anderweitiger Absprache sollte der Verkäufer zudem verpflichtet erklären, dass das Eigentum nicht mit dinglichen oder anderen Rechten und Ansprüchen Dritter belastet ist, dass die Immobilie nicht Gegenstand von Klagen und Verfügungen ist und dass darüber keine anderen Rechtsgeschäfte abgeschlossen werden.
Zu den Hauptpflichten des Verkäufers gehört zudem, spätestens zum Zeitpunkt der Eigentumsübertragung auch sein - lastenfreies - Eigentum nachzuweisen und die zu übertragende Immobilie zu individualisieren, d.h. er hat diejenigen Unterlagen zu beschaffen, die ihn als Eigentümer ausweisen und aus welchen die Parameter und Eigenschaften (Fläche, Räumlichkeiten, Grenzen und Nachbarn, genaue Anschrift/ Belegenheit) vorgehen.
Die Hauptpflicht des Käufers ist mit der Zahlung des vereinbarten Kaufpreises verbunden.
Die restliche Kaufpreiszahlung erfolgt typischerweise am Tag der Beurkundung des Hauptvertrages oder spätestens nach Kreditgewährung (nachdem zugunsten der kreditierenden Bank eine erstrangige Hypothek an der übertragenen Immobilie eingetragen ist). Welche Fristen dafür genau gelten, wird ebenfalls im Vorvertrag vereinbart.
Im Vorvertrag sollte nicht nur eine Frist, innerhalb welcher die Vornahme der notariellen Beurkundung des Immobilienverkaufs erfolgen soll, vorgesehen werden, sondern auch ein konkreter Termin, an welchem die Parteien bei einem konkreten Notar erscheinen sollen. Hintergrund dieser Abrede ist, dass, für den Fall, dass eine der Parteien an diesem Termin nicht erscheint, die andere Partei beim betreffenden Notar eine Feststellungsurkunde beantragen kann, in welcher ihre Bereitschaft zur Erfüllung des Vorvertrages und das Nichterscheinen ihres Vertragspartners festgehalten werden. Diese Urkunde wird später in einem eventuellen Prozess als Nachweis der Nichterfüllung des Vorvertrages verwendet (siehe dazu weiter unten).
Folgen bei Nichterfüllung
Die Nichterfüllung kann in unterschiedlichen Weisen vorkommen: eine der Parteien erscheint nicht im vereinbarten Notartermin zum Abschluss des Hauptvertrages; der Käufer kann nicht die vollständige Kaufpreiszahlung bewirken; das Eigentum ist nicht lastenfrei/ der Verkäufer kann sein Eigentum nicht nachweisen; die Immobilie wurde Gegenstand einer Klage etc.
Für diese Fälle sieht das bulgarische Recht folgende Möglichkeiten für die vertragstreue Partei eines Vorvertrages über Immobilienkauf vor:
- Die redliche Vertragspartei kann vom Vorvertrag zurücktreten und die Anzahlung behalten. D.h. für den Fall, dass der Käufer seinen Pflichten aus dem Vorvertrag nicht nachgekommen ist, dass die Anzahlung beim Verkäufer verbleibt. Falls der Verkäufer die säumige Vertragspartei ist, so schuldet er dem Käufer die Anzahlung in doppelter Höhe.
- Die Alternative ist, am Vorvertrag festzuhalten und seine gerichtliche Erklärung zum endgültigen Hauptvertrag im Klageweg zu ersuchen. In diesem Fall ersetzt eine dem Antrag stattgebende Gerichtsentscheidung den Hauptvertrag und seine übertragende Wirkung, d.h. kraft des Urteils wird der Käufer Eigentümer der Immobilie. Falls der Käufer Kläger ist, hat er für diesen Zweck nachzuweisen, dass er seine Vertragspflichten, insbesondere zur vollständigen Kaufpreiszahlung, zu erfüllen bereit ist, wozu das vom Notar erstellte Feststellungsprotokoll dienen kann.